Westheim II zum 4. Spieltag in der Domstadt

Am fünften Februar 2023, an einem ungemütlich nasskalten Sonntag, musste Westheim II im "Haus der Vereine" in Speyer in den Kampf gegen den Tabellenführer der Kreisliga, gegen die Kreisliga-Mannschaft der SG Speyer-Schwegenheim. Glücklicherweise gelang es erneut, mit voller Besetzung anzutreten.

An Brett 2 hatte Klaus Stadler mit den schwarzen Steinen den Routinier Winfried Radach zum Gegner, der sich auch dadurch unbeeindruckt zeigte, dass Schwarz auf seinen Eröffnungszug ungewöhnlich reagierte. Schon im 6. Zug wurde es eng für Schwarz, und bereits nach dem 7. Zug von Schwarz war auf dem Brett eine Stellung zu sehen, für die der Computer einen klaren Weiß-Vorteil ausweist.

Schwarz wehrte sich tapfer und geschickt - und wurde belohnt: Ein drastischer Fehlgriff des Anziehenden im 17. Zug, mit dem er auf einen möglichen Figuren-Gewinn verzichtete, ließ schließlich Hoffnung aufkommen. Und zwei weitere Fehlgriffe in den folgenden Zügen brachten Klaus Stadler mit einer solchen Durchschlagskraft auf die Siegerstraße, dass die Partie praktisch entschieden war: Nach 27 Zügen war mit der Aufgabe von Weiß alles vorbei.

Gerhard Grabau hatte es an Brett 3 mit einem der drei jugendlichen Speyerer zu tun. Dieser konnte in dem sich entwickelnden Damenbauern-Spiel mit den schwarzen Figuren zunächst scheinbar problemlos mithalten.

Bald jedoch gab es gleich mehrfach Züge von Schwarz, die man zwar nicht als „Fehler", aber denhoch als „Ungenauigkeiten“ bezeichnen würde – und langsam neigte sich die Waage. Weiß konnte mit einem seiner Türme eine offene Linie besetzen, von der die schwarze Dame fliehen musste, wobei Weiß einen Bauern einbüßte; zudem war die schwarze Königin auf einem ungünstigen Feld gelandet.

Vom Spielmaterial her war das Ungleichgewicht zu Gunsten von Weiß - mit einem Minusbauern - zwar noch immer eher harmlos. Gegen die Ballung der weißen Schwerfiguren auf einer der beiden zentralen Linien, die Weiß einleitete und konsequent durchführte, fand Schwarz aber kein Gegenmittel. Und obwohl die Stellung nicht völlig aussichtslos scheint, weil Gegenwehr doch möglich war, gab Schwarz auf.

Nach diesen beiden Partien war mit 2:0 für Westheim II ein Mannschafts-Remis bereits erreicht, jedes folgende Unentschieden und jeder weitere Sieg würde den Gesamt-Sieg für die Gäste bedeuten.

Eine von der Eröffnung her besonders interessante Partie lief an Brett 4 ab, wo Hans Münch mit den schwarzen Steinen einem weiteren sehr jugendlichen Spieler gegenüber saß.

Die ersten fünf Züge kamen beiderseits wie aus dem Lehrbuch und markierten die Grundstellung der "Najdorf-Variante" der Sizilianischen Verteidigung (1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6), eine der bis in den Reihen der Welt-Spitzenspieler des Schachs seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts immer wieder gespielten und beliebten sowie vielfach und besonders tief analysierten Eröffnungen.

Und Weiß setzte dann auch auf entsprechendem Niveau fort: Der von ihm gewählte Folgezug h3 ist keiner der am weitesten verbreiteten, weil oft etwas defensiv betrachtet, man findet ihn aber häufiger etwa bei Stars wie dem sagenumwobenen Bobby, Fischer, dem Ex-Weltmeister Anand, Caruana, Nepomniachtchi, Giri, Vachier-Lagrave oder Nakamura.

Auf wirklich überraschend hohem Niveau ging es weiter, und bis zum 9. Zug einschließlich hätte es sich um eine Bundesliga-Partie oder eine aus einem international besetzten Turnier handeln können. Es ist erstaunlich, einen so jungen Spieler in der Eröffnung derart souverän und gleichzeitig couragiert zur Sache gehen zu sehen.

Im 20. Zug leistete sich Weiß dann aber doch einen klaren Fehlgriff, der eine Positionsverschlechterung auslöste - auch wenn sie keineswegs zu einer Gewinnstellung führte. Weiß schätzte seine Stellung vermutlich zu kritisch ein, denn nach wenigen weiteren Zügen bot er Remis an. Hans Münch war nach der Eröffnung gut beraten, den Gegner keineswegs zu unterschätzen, und das Remis reichte für einen Mannschaftssieg – er nahm nach langem Überlegen das Angebot an, denn die Stellung war doch zu unübersichtlich. Auch der Computer sieht in der Abschluss-Stellung zwar Schwarz leicht im Vorteil, bewertet sie aber als eher offen.

Noch einige Zeit länger, wenn auch ohne Ergebnis-Druck lief dann die zweite Westheimer Weiß-Partie an Brett 1, wo Wolfgang Becki mit einer extravaganten und gewöhnungsbedürftigen Eröffnung seinem Gegner, dem Speyerer Mannschaftsführer, kräftig zusetzte. Unüberwindliche Schwierigkeiten bereitete ihm die Eröffnung aber keine. Vielmehr kam der Speyerer Mannschaftsführer gut zurecht und konnte nach der Eröffnungsphase der Partie gelassen fortsetzen.

Weiß sah sich bald auf einen eingeengten Raum verwiesen, was ihn motivierte, mit seinem bis dahin passiven Königsläufer einen Ausfall zu unternehmen, dem Schwarz aber äußerst geschickt begegnete; der Läufer ging schließlich sogar verloren. Es entstand dann eine Situation, in der Weiß nur noch die Wahl zwischen mehreren schlechten Möglichkeiten blieb. Zwar hatte er einen baldigen erfolgreichen Angriff gegen seinen König nicht zu befürchten, aber mit materiellem Nachteil und in einer Stellung mit deutlichen Einfallsmöglichkeiten für gegnerische Attacken hätte es schon eines Wunders in Form krasser Fehler des Gegners bedurft, um die Partie herumzureißen. Entsprechend gab Weiß nach dem 27. Zug auf.

Die 5. und letzte Runde der Kreisliga-Saison findet am fünften März zentral in Landau statt. Es wird zu einem spannenden Kampf des Tabellen-Zweiten SC Westheim II gegen die Mannschaft Turm Kandel II kommen, der die Speyerer Niederlage in Runde 4 zur Tabellenführung verholfen hat.